Glaubensfrage: Wird Microsoft BI bei SAP-Anwenderfirmen Einzug finden?

Lesedauer: 
0 Minuten
Datum: 
05.09.2016
Von 
Alfred Grünert
Inhaltsverzeichnis

Die Umsetzung von Business Intelligence-Lösungen bei SAP-Anwenderunternehmen beschäftigt mich seit mittlerweile über 10 Jahren. Gerade im letzten Jahr ist ein massives Interesse bei diesen Unternehmen für umfassende Microsoft BI-Lösungen aufgekommen.

Ein Blick über den SAP-Tellerrand hinaus

Ein über den SAP-Tellerrand hinausblicken in diesem Anwenderkreis habe ich in der Vergangenheit einige Male beobachtet. Die erste mir bekannte Welle war mit MIS ALEA (heute Infor PM10), welche die erste wirklich „einfache“ BI-Lösung auf den breiten Markt brachten. Einige Jahre später folgten eher auf Frontendseite Qliktec und neuerdings Tableau, die es verstanden gerade Fachabteilungen zu begeistern. Irgendwann zwischen MIS ALEA und Qliktec etablierte Microsoft den MS SQL Server (Analysis Server) als verbreitete schlanke Datenbankapplikation im Backend.

Datenbanken sind nicht so sexy, aber genauso wichtig wie schöne Frontends

Damit hatte der SQL Server zwar bald eine rasche Verbreitung, aber wenig Ruhm. Das lag zum einen daran, dass Datenbanken im Vergleich zum sichtbaren Frontend wenig sexy sind und deswegen eher die Frontends die Lorbeeren ernteten und in den Vorstandsebenen bekannt wurden. Zum anderen hatte der SQL Server aus den Anfangszeiten im Verhältnis zu dicken Oracle bzw. Business Warehouse (BW) Instanzen in den SAP-IT Abteilungen lange Jahre den Ruf des kleinen schwachbrüstigen Mitbewerbers.

Das diese Einschätzung in den letzten Jahren zur Fehleinschätzung geworden ist, hat sich mittlerweile auch dem letzten SAP-Fundamentalisten erschlossen. Microsofts Datenbanktechnologie ist mit den letzten Versionen gegenüber seinen bekannten Marktbegleitern zumindest gleichauf zu sehen.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Berühmtheit – und damit der tatsächlich umfassende Einsatz – über die Wahrnehmung von Portal und Frontend entstehen. In diesem Bereich sah es bei Microsoft bis vor einigen Jahren noch dünn aus. Zugegeben es gibt Microsoft SharePoint und Excel schon gefühlte Ewigkeiten und irgendwann zwischendurch waren da auch noch die Performance Point Services – na ja.

Nachzügler Microsoft auf der Überholspur

Mittlerweile ist das Sortiment an BI-Frontends und -Portalen im Microsoft Store deutlich erfreulicher geworden. Ich habe für die häufigsten Anwendungsklassen Portal, Dashboard, Reporting und Analyse den Versuch einer Zuordnung der Microsoft eigenen Produkte in Form einer Grafik vorgenommen. Ich erhebe dabei keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit der Darstellung. Die potentielle Verwendung kann man nach Belieben noch deutlich komplizierter darstellen.

Einteilung der SAP-Unternehmen: Wo hat Microsoft eine Chance?

Bevor ich mich dem Thema der potentiellen Microsoft BI bei SAP-Unternehmen zuwende, eine kurze subjektive Bestandsaufnahme zur Verwendung SAP-eigener BI-Werkzeuge innerhalb der Anwenderunternehmen. Die Frage, der (Nicht-)Verwendung von Drittprodukten hat dabei in manchen Unternehmen fast religiösen Charakter. Die SAP-Anwenderfirmen lassen sich nach meinen Erfahrungen hinsichtlich Ihrer BI-Strategie grob in 3 Gruppen einteilen:

  • Die puristischen SAP-Enthusiasten, die ihre Installation mit keinerlei Fremdsoftware beflecken wollen und werden.
  • Am anderen Ende befinden sich die von ihrer SAP-ERP-Lösung durchwegs genervten Anwenderunternehmen, die SAP-Verweigerer, die weiteren Ausbau (etwa um SAP-BI-Komponenten) scheuen, wie der Teufel das Weihwasser.
  • Dazwischen liegt die größte Gruppe, die der Pragmatiker.

Die Verteilung auf die Gruppen schätze ich aus dem Bauch heraus, wie die klassische Gauß‘sche Glockenkurve.

Ein wichtiges Element ist die orange gestrichelte Linie: Diese stellt die Verwendung von SAP BW dar – hier ist die tatsächliche Verwendung gemeint, nicht die bloße Installation. Kurz gesagt: Während BW bei den Enthusiasten immer in emsiger Verwendung ist und Verweigerer BW niemals verwenden, kommt BW bei den Pragmatikern in unterschiedlicher Intensität vor.

In der stärkeren Intensität wird SAP BW, zwar nicht flächendeckend, aber doch in wesentlichen Bereichen unternehmensweit tatsächlich für BI-Zwecke eingesetzt. In der schwächsten Intensität ist BW ein Datenlager, welches Informationen besser aufbereitet, organisiert speichert und bereitstellt. Zur Aufbereitung werden in der Regel ausschließlich Standardextraktoren verwendet. Aus BI-Perspektive wird BW hier eher als Datenquelle nachgelagerter Systeme verwendet.

Diese unterschiedlich intensive Nutzung von BW ist dabei meines Ermessens nach indikativ für die zukünftige BI-Strategie eines Unternehmens.

Ich sehe momentan gerade 3 Hauptstrategien bei SAP-Anwendern hinsichtlich zukünftiger BI-Architekturen:

  • Die reine SAP-Strategie von der Datenbank bis zum Frontend und Portal für alle Anwendungsklassen und Anwender.
  • Die gemischte Strategie: SAP wird für unternehmensweite Anwendungsklassen eingesetzt. Drittanbieter (etwa Microsoft) kommen insbesondere für Fachabteilungslösungen und nicht unternehmensweite Anwendungsklassen in die Auswahl bzw. mittelfristig zum Einsatz.
  • Die Reengineering Strategie: Hier werden bestehende (SAP, Oracle, usw…) BI-Enterprise Architekturen massiv auf den Prüfstand gestellt und dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Microsoft Enterprise Architekturen verglichen.

Bei der zweiten und dritten Strategie hat Microsoft mittlerweile über die Verwendung der reinen SQL Datenbank hinaus wirklich gute Karten.

Ein Blick in die BI-Zukunft

Beispielsweise erinnert mich der momentane Hype rund um Microsoft Power BI an den Qliktec Enthusiasmus, der noch bis vor wenigen Jahren herrschte. Das Ausgliedern von weiten Teilen der BI-Funktionen aus Excel nach MS Power BI, die Zusammenfassung von Datenextraktion und Modellierung (in Power Query) in ein neues gemeinsames Tool für Reporting und Dashboarding, welches zugleich On-premise, Mobility und Cloudbetrieb ermöglicht kommt bei den Verwendern und Interessenten gleichermaßen gut an.

Es gibt sicherlich BI-Anbieter, die bessere Lösungen bereitstellen als Microsoft und SAP zusammen, dennoch haben Entscheider von großen Unternehmen (und da stehen SAP-Kunden in der ersten Reihe) eine Affinität zu großen Anbietern mit umfassendem Lösungsportfolio. Nachdem Microsoft diese beiden Kriterien meisterhaft erfüllt, kann man eine spannende Entwicklung in den nächsten Jahren in diesem Marktsegment erwarten.

Alfred Grünert

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Von Alfred Grünert

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